Weitere Erläuterungen zu unseren Forderungen

 

1. Das Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau wurde von der Dessauer Bürgerschaft, der Stadt Dessau sowie dem Land Anhalt gegründet und 1927 eröffnet. Es bezog seine Räume im ehemaligen „Leopold-Dank-Stift“ in der Askanischen Straße 32, an der sogenannten „Museumskreuzung“. Die erste Dauerausstellung wurde durch das 1925 nach Dessau gezogene Bauhaus gestaltet. Im zweiten Weltkrieg wurde das Museum stark zerstört und brannte aus. Teile der Sammlungen konnten durch vorherige Auslagerung gerettet werden. Sie sind, mit Ausnahme der Vogelsammlung Naumanns in Köthen, die einzigen überregional bedeutsamen naturkundlichen Kollektionen in ganz Anhalt, da die umfangreichen Bestände im Schloss Zerbst am Ende des Krieges im Bombenhagel untergingen. Die archäologischen Exponate sind unersetzbare Zeitzeugen der Besiedlung des Mittelelbegebietes und Grundlage jeder vorgeschichtlichen Regionalforschung.

Mit großem Einsatz ging die Dessauer Bevölkerung unmittelbar nach Kriegsende an den Wiederaufbau des Museums. Bereits 1949 zeigte es eine erste Sonderausstellung zu Pilzen. Bis heute wird das Gebäude in der Askanischen Straße 32 als Ausstellungs-und Archivgebäude für das Museum genutzt. Hier finden zudem die meisten öffentlichen Veranstaltungen statt, zu denen Museum, Förderverein, Arbeitsgemeinschaften und Ornithologischer Verein in das Nachbargebäude, die sogenannte „Grillbar“ einladen.

Der Standort in der Askanischen Straße 32 liegt im Dessauer Stadtzentrum. Das Gebäude prägt die nach ihm benannte Museumskreuzung und ist eines der wenigen historischen Bauwerke in Dessau. Gegenwärtig wird nur ca. 400 m entfernt ein neues Bauhausmuseum errichtet. Die vom Bauhausmuseum zum Museum für Naturkunde und Vorgeschichte führende Kavalierstraße wurde im Jahr 2018 mit zahlreichen Baumaßnahmen aufgewertet, um sie zu einer Flaniermeile zu machen. In fußläufiger Entfernung vom Museum liegen zahlreiche Geschäfte, Restaurants, eine Spielstätte des Dessauer Theaters sowie das Stadtgeschichtsmuseum. Die drei Museen, Bauhaus – Naturkunde und Vorgeschichte - Stadtgeschichte, könnten zu einem attraktiven „Museumsdreieck“ entwickelt und beworben werden und dadurch die Innenstadt weiter aufwerten.
Dem Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau obliegt eine wichtige Bildungsfunktion im Zentrum von drei Weltnatur- und Weltkulturerbestätten, zu denen u. a. das UNESCO-Biosphärenreservat Mittelelbe zählt.

 

2. Im Herbst 2018 gingen der Direktor des Museums für Naturkunde und Vorgeschichte (in Personalunion auch Direktor des Museums für Stadtgeschichte) sowie der letzte Mitarbeiter der Abteilung Vorgeschichte in Ruhestand. Eine Wiederbesetzung der Stellen erfolgte nicht und ist auch nicht geplant. Während für die archäologische Sammlung nun die fachliche Betreuung fehlt, die Arbeitsgemeinschaft Archäologie sich auflöste und das Wissen zur Vorgeschichte von Stadt und Region verloren gegangen ist, wurden die Verwaltungsarbeiten auf die verbliebenen Mitarbeiter des Museums aufgeteilt. Da diese bereits die Aufgaben der schon eingesparten Stellen in der Botanik, Zoologie und Bibliothek übernehmen mussten, ist eine Arbeit entsprechend der Museumsstandards des Deutschen Museumsbundes (siehe 3.) nicht mehr möglich.

Dem Finanzplan 2019 der Stadt Dessau-Roßlau ist ein sogenanntes Haushaltskonsolidierungskonzept beigefügt. In Anlage 2 sieht dieses – unabhängig vom „Kulturentwicklungsplan“ – eine Reduzierung von zwei weiteren Stellen im Museum für Naturkunde und Vorgeschichte für die Jahre 2021 bzw. 2022 vor. Für 2021 beinhaltet es zudem die Einsparung von einer Stelle in der Museumspädagogik. Damit wären ab 2021 im Museum nur noch 2,5 Stellen besetzt. Dies reicht weder für einen Ausstellungsbetrieb noch für eine ausreichende Betreuung und Erhaltung der Sammlungen.

Der Förderverein hat bezüglich des Personalbedarfs einen Vergleich von Museen ähnlicher Größe in Ostdeutschland durchgeführt. Unter Zugrundelegung des in diesen durchschnittlich beschäftigten Personals für Sammlungen, Ausstellungen und Öffentlichkeitsarbeit wären für einen ordnungsgemäßen Betrieb des Museums für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau mindestens 11 Mitarbeiter erforderlich. Ein für die künftige Entwicklung des Museums erarbeitetes Rahmenkonzept (siehe 3.) rechnet für eine Übergangszeit mit einem reduzierten Personalbedarf von 9 Stellen.

 

3. Durch die Stadt Dessau-Roßlau wurde vor dem Dienstantritt des jetzigen Dezernenten für Wirtschaft und Kultur die Erstellung einer „Rahmenkonzeption für das Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau“ beauftragt. Diese wurde im Jahr 2015 durch N. Niedernostheide (planios GbR) und Dr. S. C. Meyer (Arbeitsgemeinschaft Kultur Berlin) erarbeitet und im Jahr 2016 durch eine weiterführende Ausstellungskonzeption ergänzt. Das Rahmenkonzept bestätigt die regionale und überregionale Bedeutung der Sammlungen und ihre bis dato den Grundsätzen des ICOM entsprechende Führung und Betreuung. Angesichts der vorhandenen Bestände sowie der günstigen Lage des Gebäudes im Stadtzentrum wird ein sehr gutes Entwicklungspotential für das Museum am gegenwärtigen Standort gesehen.

Naturkundemuseen und Archäologiemuseen mit modernen, interaktiven Ausstellungen und einem reichhaltigen Bildungsangebot können attraktive kulturelle Angebote sein, die von vielen Menschen genutzt werden. Hierfür gibt es viele Beispiele (Waren/Müritz, Erfurt, Kamenz, Halle/Saale, Chemnitz, Schöningen, Dornbirn, Salzburg usw.) Für ein modernes Museum für Naturkunde und Vorgeschichte Dessau geht das Rahmenkonzept von 20.000+ Besuchern im Jahr aus. Da die Zielgruppen eines solchen Museums besonders Kindergruppen, Schulklassen und Familien sind, werden zusätzliche Besuchergruppen in die Dessauer Innenstadt gelenkt, die weniger durch das neu entstehende Bauhausmuseum angezogen werden.

Der Betrieb von Museen erfolgt sowohl hinsichtlich des Aufbaus, der Pflege und der Erschließung der Sammlungen sowie der Ausstellungs- und Öffentlichkeitsarbeit nicht willkürlich, sondern wird in der Regel nach den „Standards für Museen“ ausgerichtet. Diese wurden entsprechend der Empfehlungen des ICOM (Internationaler Museumsrat) vom Deutschen Museumsbund ausgearbeitet und sind unter https://www.museumsbund.de/wp-content/uploads/2017/03/standards-fuer-museen-2006-1.pdf abrufbar.